Customer Lifetime Value berechnen

Um zu bestimmen, wie viel mein Kunde wert ist, gibt es das Konzept des Customer Lifetime Values. Es ist ganz einfach, den CLTV für E-Commerce-Unternehmen zu berechnen.

Der Customer Lifetime Value ist neben dem Deckungsbeitrag für auf Produktebene die wichtigste Berechnung bei einem Unternehmen. Denn nur, wenn diese beiden operativen Kennzahlen deutlich positiv sind, ist es möglich, ein gesundes Unternehmen aufzubauen. Während der Produkt-Deckungsbeitrag anzeigt, wie sehr der Verkauf eines einzelnen Produkts zum Unternehmenserfolg beiträgt, denn nur mit einem positiven Deckungsbeitrag können die allgemeinen Kosten im Unternehmen gedeckt werden und jemals ein Gewinn entstehen. Der Customer Lifetime Value hingegen ist vor allem notwendig, um das Marketing steuern zu können. Denn mithilfe des Customer Lifetime Values könnt ihr bestimmen, wie hoch die Kundenakquisitionskosten (Customer Acquisition Costs – CAC) sein dürfen.

Was ist der Customer Lifetime Value

Der Customer Lifetime Value ist der Deckungsbeitrag, den ihr mit einem Kunden über die gesamte Dauer der Kundenbeziehung erzielt.

Der Deckungsbeitrag für Kunden wird dabei ähnlich wie der Deckungsbeitrag für Produkte bestimmt. Auch hier werden von den gesamten Einnahmen die variablen Kosten, die für einen Kunden gegenüber gestellt. Der große Unterschied zwischen dem Produkt-Deckungsbeitrag und dem Customer Lifetime Value ist die Komponente Zeit. Denn der Deckungsbeitrag für ein Produkt wird für genau einen Verkauf berechnet. Auf der anderen Seite werden beim Customer Lifetime Value die Deckungsbeiträge aller Transaktionen mit einem Kunden herangezogen. Das macht das Konzept so wichtig, denn so wird der Kunde als Ganzes gesehen und nicht nur eine einzelne Transaktion.

Der Gedanke, die gesamte Kundenbeziehung zu betrachten und nicht nur eine einzelne Transaktion hat mehrere Implikationen:

  1. Der Kunde muss identifizierbar sein. Für Onliner ist dies recht einfach, wenn sie es denn vorher mitdenken. Für mich bedeutet dies z.B. dass ich keine Gastbestellungen erlaube, denn es ist viel einfacher jemanden anhand seiner E-Mail-Adresse zu identifizieren als einfach an Namen und Adresse. Natürlich ist so ein Matching über die E-Mail-Adresse nicht perfekt, denn es könnte sich jemand ja das nächste Mal mit einer anderen E-Mail-Adresse anmelden. Wie so oft im Unternehmen lohnt es sich auch hier, die 80:20-Regel anzuwenden. Denn es geht nicht darum, den Customer Lifetime Value für alle perfekt zu berechnen, sondern ein nachhaltiges Unternehmen mit glücklichen Kunden aufzubauen.
  2. Investitionen in die Kundenbeziehung werden sichtbar. Selbst wenn sich Investitionen in die Kundenbeziehung fast immer lohnen. Doch ohne das Konzept des Customer Lifetime Values ist der Erfolg solcher Investitionen immer sehr vage. So können die Investitionen direkt einem Kunden zugeordnet werden und damit könnt ihr auch testen, was sich lohnt und was nicht.
  3. Ihr müsst die Dauer der Kundenbeziehung kennen. Das ist wohl der Knackpunkt des gesamten Konzepts. Falls die Kundenbeziehung abgeschlossen ist, kann man sie im Nachhinein natürlich schön ablesen. Doch hilft das recht wenig, denn um Entscheidungen zu treffen, wie viel ihr in Eure Kundenbeziehung steckt, müsst ihr wissen, wie lange ihr noch in der Zukunft eine Beziehung haben werdet.

Die größte Investition in die Kundenbeziehung ist wohl der Aufwand für die Kundenakquisition. Kennt ihr den Customer Lifetime Value, könnt ihr auch bestimmen, wie viel ihr bereit seid, für die Akquisition eines Kunden auszugeben. Einerseits könnt ihr euch so auf die Kunden konzentrieren, die für den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens wichtig sind. Andererseits ist diese Betrachtung für Startups nicht immer möglich, denn es stehen nicht immer die finanziellen Mittel zur Verfügung, um diese Investitionen in die Kundenbeziehung auch zu tätigen. Da kommen dann externe Investoren ins Spiel.

Zum Beispiel hätte Skoobe ohne die Unterstützung von Investoren nie gegründet werden können, denn die Warenkörbe von 10-20€ pro Monat und die damit erzielbaren Deckungsbeiträge sind relativ klein. Dafür ist es ein Produkt, das Kunden lieben und eine sehr lange Kundenbeziehung haben. Das heißt, der einzelne Kunde ist langfristig sehr wertvoll, aber es braucht auch hohe Investitionen, um einen Kunden zu gewinnen.

Auf anderen Seite konnte ein Unternehmen wie HolidayCheck zu Beginn sehr gut gebootstrapped werden. Denn die Warenkörbe bei Pauschalreisen sind mehrere Hundert bis mehrere Tausend € groß und dementsprechend auch die damit einhergehenden Deckungsbeiträge. Und durch die vielen Bewertungen erschien die Seite häufig in organischen Suchergebnissen, das gleichzeitig zu recht niedrigen Kundenakquisitionskosten geführt hat.

Wie berechnet man den Customer Lifetime Value

Als erstes muss der Deckungsbeitrag eines Kunden bestimmt werden. Da ich ja einen Online-Shop aufbaue, sind meine Kostenpositionen auch die für einen Online-Händler. Andere Geschäftsmodelle haben natürlich andere Kostenarten.

Deckungsbeitrag = Warenkorbmarge + Transaktionsmarge

Die Warenkorbmarge ist die Summe der Handelsspanne auf alle Produkte innerhalb eines Einkaufs.

In meinem Beispiel gehe ich davon aus, dass der durchschnittliche Verkaufspreis eines Produkts bei 12€ liegt und ein Kunde durchschnittlich 4 Artikel pro Einkauf in den Warenkorb legt. Davon muss natürlich noch die Umsatzsteuer abgezogen werden. Die durchschnittliche Einkaufspreis-Marge nehme ich mit 50% an und komme so auf eine Warenkorbmarge von 20,17€ für einen Einkauf.

Die Transaktionsmarge ist die Differenz zwischen den Liefergebühren, den Eure Kunden zahlen und allen Transaktionskosten für Zahlung und Fulfillment.

Auch wenn ich am liebsten keine Liefergebühren erheben würde, habe ich bei der Produktkalkulation gesehen, dass ich wahrscheinlich welche brauche und habe die mal für 4,95€ angenommen.

Für die Bearbeitung von Zahlungen gibt z.B. Stripe 0,25€ + 1,4% der eingezogenen Zahlungen als Kosten an. Diese habe ich in meiner Kalkulation eingesetzt. Die Fulfillmentkosten habe ich als Median aus meiner Fulfillment-Kosten-Matrix entnommen. Ein weiterer Posten sind die Retouren. Da gehe ich von 10% Retourenquote aus. Diese wende ich einerseits auf die Fulfillment-Kosten für Retouren an und anderseits auf die Einkaufskosten, denn nicht alle Produkte können erneut verkauft werden. Alles zusammen gerechnet kommt ich dann auf einen Deckungsbeitrag für eine Transaktion in Höhe von ca. 15€

Die große Frage bei der Bestimmung des Customer Lifetime Values ist die Dauer der Kundenbeziehung. Die Dauer der Kundenbeziehung kann man recht hemdsärmelig anhand von Erfahrungen bestimmen oder man kann sie mit sehr sophisticated Modellen bestimmen. Ich habe beides bereits gemacht. Auch wenn ich die ausgeklügelten Modelle intellektuell ansprechender finde und ich mich durchaus in den Berechnungen verlieren kann, wird die Berechnung immer fehleranfälliger und erzeugt eine Scheingenauigkeit. Denn zum Schluss weiß man es einfach nicht vorher. Deshalb habe ich für meine Customer Lifetime Value Berechnung einfach plausible Werte angenommen, dass ein Kunde 2x pro Jahr kauft und durchschnittlich 3 Jahre bei mir bleibt. Das geht so einfach auch nur bei einem eCommerce-Unternehmen. Unternehmen mit Abo-Produkten müssen an dieser Stelle mindestens mit Churn-Raten rechnen.

Da die meisten Zahlungen ja in der Zukunft liegen und bedingt durch die Kapitalkosten diese heute weniger Wert sind, müssen die zukünftigen Deckungsbeiträge noch diskontiert werden. Ich habe einen Diskontierungssatz von 5% angenommen, da das aktuelle Zinsniveau so niedrig ist. Zum Schluss müssen die diskontierten Deckungsbeiträge einfach nur noch addiert werden und man hat voilà den Customer Lifetime Value – bei mir in Höhe von 82€.

Ist das jetzt ein guter Customer Lifetime Value?

Berechnung CAC

Dem Customer Lifetime Value müssen nun natürlich noch die Investitionen in die Kundenbeziehung gegenüber gestellt werden – die Customer Acquisitions Costs (CAC).

Für die CAC gehe ich davon aus, dass ich die meisten Kunden über Google Ads gewinnen werde. Da zahle ich an Google einen Betrag (CPC) für einen Besuch auf meiner Seite. Da nur ein kleiner Teil der Besucher auch tatsächlich zu Käufern werden, muss der CPC noch durch die Konversionsrate dividiert werden. So komme ich zu CACs in Höhe von 26€ pro Kunden. Dieser Betrag ist deutlich niedriger als die 82€ Customer Lifetime Value. Theoretisch könnte ich also deutlich höhere CACs zahlen und immer noch profitable Kunden haben.

Spannend ist es auch immer, sich anzusehen, wie viele Käufe man braucht bis die CACs wieder drin sind. In meinem Fall sind das zwei Käufe. Das ist im Vergleich mit den meisten Abomodellen traumhaft. Für ein Startup ist es jedoch nicht ideal, denn sofern ein Kunde nicht gleich im ersten Kauf profitabel ist, kann man nicht einfach das Marketing aufdrehen, sondern muss immer auf die aktuelle Liquidität achten.

Für den Fall, dass meine Beschreibungen zu spärlich waren, um alles nachzuvollziehen, könnt ihr hier auch das Excel runter laden.

Was mache ich jetzt mit dem Ergebnis?

Theoretisch ist es jetzt wunderbar zu wissen, dass es nur zwei Einkäufe benötigt bis ein Kunde profitabel wird. Wenn ein Kunde wirklich zweimal pro Jahr kauft, dass habe ich die Kundenakquisitionskosten nach einem Jahr wieder drin. Damit könnte ich mir ausrechnen, wie viele Kunden ich mir mit dem Budget leisten kann, das ich zur Verfügung habe und damit mein Wachstum bestimmen.

ABER

Wie ihr oben gesehen habt, schreibe ich andauernd. Ich habe angenommen, dass…

Denn die Kundenwertberechnung steckt voller Annahmen. Und diese Annahmen muss ich natürlich erst einmal validieren. Die oben gestellten Annahmen habe ich durch Recherchen und meine bisherigen Erfahrungen aufgestellt. Doch es ist nicht klar, ob diese in meinem Kontext auch genau so zutreffen. Deshalb geht es in den nächsten Wochen ans testen, testen, testen.

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