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Warum du keinen Businessplan schreiben solltest und was stattdessen

Heute möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, ob ein Businessplan sinnvoll und notwendig ist. Jeder, der mich persönlich kennt, wundert sich vielleicht darüber, dass ich mich überhaupt mit der Frage beschäftige, ob ein Businessplan sinnvoll und notwendig ist. Denn ich plane gerne und habe auch schon etliche Businesspläne gerechnet und geschrieben. Businesspläne erstellen ist sozusagen eine meiner Kernkompetenzen. Im Laufe der Jahre habe ich jedoch auch festgestellt, dass man Businesspläne ein bisschen mit dem Studium vergleichen kann. Sie sind sehr lehrreich, machen Spaß, aber haben wenig mit dem konkreten Arbeits- oder Unternehmerleben zu tun. 

Deshalb bin ich für mich zu der Überzeugung gekommen, dass ich für mein Unternehmen keinen Businessplan schreiben möchte. In diesem Artikel kläre ich erst einmal, was ich genau mit Businessplan meine, warum ich glaube, dass so viele einen Businessplan haben wollen und was ich stattdessen mache.

Was ist ein Businessplan?

Wenn ich von Businessplan rede, meine ich damit das 20-40 Seiten lange Dokument. Typischerweise gibt es die folgenden Bestandteile:

  • Beschreibung der Geschäftsidee
  • Marktanalyse mit SEPTE, SWOT und Marktentwicklung
  • Wettbewerbsanalyse
  • Marketingplan
  • Operativer Plan
  • Finanzplan
  • Team

Je nachdem, wie viel Erfahrung ihr mit der Erstellung von Businessplänen habt und wie gut ihr Euch im Markt auskennt, braucht ihr zwischen 2-8 Wochen Vollzeit, um so einen Businessplan mit dem gesamten Research in guter Qualität zu erstellen.

Was ist das Ergebnis? Im besten Fall habt ihr Euch intensiv mit Eurer Idee auseinander gesetzt und seid Euch der Annahmen klar geworden, die ihr habt. Dazu habt ihr eine Idee, wie ihr starten wollt. Im schlechtesten Fall habt ihr sehr viel Zeit mit Research verbracht und kennt jetzt zwar wunderbar die Inflationsrate und das Wirtschaftswachstum Eures Zielmarktes. Doch was nutzt Euch dieses Wissen? Wenn ihr nicht gerade VW seid und den nächsten Golf verkaufen wollt, ist es total schnuppe, wie das Wirtschaftswachstum aussieht. Denn ihr werdet als Gründer am Anfang eh nur eine sehr kleine Gruppe ansprechen. Wenn ihr für genau diese Gruppe einen Mehrwert darstellt, dann werden sie auch Euer Produkt kaufen.

Disclaimer: Natürlich gibt es Zeiten wie die große Depression in den 30ern als viele nicht genug zu essen hatten. Da ist die gesamtwirtschaftliche Lage doch relevant. Dafür braucht ihr dann aber keinen Research, sondern seht das Problem täglich auf der Straße. Und auch wenn ihr plant, in Länder außerhalb Europas zu expandieren, lohnt es sich, sich mit der politischen Lage vor Ort vertraut zu machen.

Was mache ich statt einen Businessplan?

Der Nutzen von Businessplänen wird normalerweise darin beschrieben, dass Gründer durch das Schreiben eines Businessplans Klarheit über ihr Vorhaben erhalten, Chancen und Risiken erkennen und damit ihre Geschäftsidee prüfen. Des Weiteren wird dem Businessplan zugeschrieben, dass Gründer einen Maßnahmenplan entwickeln und Ressourcen bestimmen, die notwendig sind. Als letzten wichtigen Punkt nennen viele, dass man den Businessplan ja braucht, um die Geschäftsidee zu verkaufen und Geld aufzunehmen.

Diese Ziele sind durchaus wichtig. Doch ich halte dafür einen Businessplan nicht für das richtige Tool, denn mal Hand aufs Herz: wie viele von Euch haben schon mal den Businessplan des Unternehmens gelesen, in dem ihr arbeitet? Oder falls ihr selbst einen erstellt habt: wie oft habt ihr Euch den wieder zur Hand genommen und darin gelesen?

Was mache ich stattdessen, um die Funktionen abzudecken, die ein Businessplan hat?

Klarheit über Vorhaben erhalten

Hier kommt es aus meiner Sicht vor allem darauf an, wie ihr selbst denkt. Es gibt manche Menschen, denen es tatsächlich hilft, wenn sie ihre Ideen aufschreiben. Anderen hilft es mehr, mit anderen Menschen über ihre Ideen zu sprechen und wieder andere erhalten Klarheit am ehesten durch visuelle Darstellungen wie z.B. Mindmaps.

Ich selbst spreche am liebsten mit anderen über meine Ideen. Oftmals muss der andere gar nichts sagen. Alleine dadurch, dass ich darüber spreche, gewinne ich Klarheit. Da ich so viele Ideen habe, muss ich diese zum Schluss dann aufschreiben. Sonst verliert sich die Klarheit leider genauso schnell wie sie gekommen ist.

Hilfreich ist es, wenn ihr die Idee, das WARUM und das WIE in einer Form festhaltet, dass es allen Euren (zukünftigen) Mitarbeitern auch zugänglich ist. Nur so ist es möglich, dass ihr skalieren könnt und es am Ende immer noch genau das Unternehmen und die Idee vorfindet, die ihr wirklich wolltet. Das Ergebnis könnte ein Vision Statement und ein Business Model Canvas sein, die in Eurem Wissensmanagement-Tool ganz vorne stehen oder die im Büro an der Wand hängen oder, oder, oder…

Geschäftsidee prüfen

Die wohl wichtigste Funktion, die dem Businessplan zugeschrieben wird, ist es, die Geschäftsidee zu überprüfen. Dafür werden die ganzen Analysen und Berechnungen angestellt. Doch zum Schluss sind viele Analysen überhaupt nicht relevant und die Berechnungen basieren auf irgendwelchen Annahmen. Und das ist auch gut so. Doch häufig genug werden die Annahmen dann als Realität angenommen und zum Schluss sind alle enttäuscht, dass das Ergebnis nicht so ist wie geplant.

Deswegen ist aus meiner Sicht statt der gesamten Analyse und Planung ein anderer Ansatz besser. Eric Riess beschreibt diesen als Lean Startup. Das wichtigste dabei ist es, sich zunächst einmal der Annahmen bewusst zu werden, die hinter der Geschäftsidee stehen.

Dann werden die Annahmen systematisch getestet. Das kann in einem Prototypen geschehen oder auch mit einem Minimum Viable Product, welches nur genau die Funktionalitäten hat, die getestet werden sollen (Build). Wichtig ist, dass ihr beim Aufsetzen des Tests gleich daran denkt, wie ihr das Ergebnis messt (Measure). Die Messergebnisse müssen dann interpretiert werden und ein Learning daraus gezogen werden (Learn). Das Learning besteht dann darin, die Annahmen anzupassen und einen neuen Build – Measure – Learn Cycle anzustoßen.

Es gibt übrigens zwei Arten von Annahmen:

  • Annahmen, die direkt das Geschäftsmodell betreffen und
  • Annahmen bezüglich der Funktionalität.

Um die Annahmen des Geschäftsmodells aufzudecken hilft es, die Profitabilität eines Produkts und die Profitabilität von Kunden zu berechnen. Dabei werdet ihr schnell merken, was ihr alles für Annahmen z.B. bezüglich Preis, Conversion Rate, Warenkorbgröße, Handlingkosten, Einkaufsmarge etc. habt. Mit Annahmen zur Funktionalität meine ich, dass ihr sicher Vorstellungen habt, was die Geschäftsmodellannahmen beeinflusst. Zum Beispiel könntet ihr die Annahme haben, dass Kunden einen höheren Preis bereit sind zu zahlen, wenn sie du den Nutzen eures Produkts in Bullet Points auf die Seite schreibt.

Maßnahmen & Ressourcen planen

Je nachdem welches Geschäftsmodell ihr anstrebt ist die Ressourcenplanung tatsächlich ein relevantes Thema. Allerdings würde ich an dieser Stelle auch nicht – wie im Businessplan üblich – die nächsten 3-5 Jahre planen, sondern mir überlegen, was ich brauche, um die Annahmen zu validieren / zu pivoten.

Bootstrapped ihr wie ich, dann ist das relativ einfach. Ich habe ein paar Rücklagen, die ich bereit bin, in meine Firma zu investieren und diese immer im Blick. Gleichzeitig halte ich meine Kosten so gering wie möglich und ich habe keine großen Anlaufinvestitionen, da ich alles selbst entwickle. Lediglich den Inventargrundstock muss ich vorfinanzieren. Doch der wird am Anfang auch sehr gering sein – natürlich kann ich so noch keine Mengenrabatte mitnehmen. Doch geht es am Anfang ja vor allem darum, das Geschäftsmodell zu validieren und noch nicht darum, die Marge zu optimieren.

Braucht Euer Geschäftsmodell gleich zu Beginn größere Investitionen und ihr eine Finanzierung, dann sieht das ganze natürlich anders aus. Dann müsst ihr natürlich berechnen, wie viele Ressourcen ihr braucht und auch was ihr annehmt, was dabei rumkommt. Denn das erwarten Investoren.

Geschäftsidee verkaufen

In den meisten Fällen benötigt ihr aber auch keinen kompletten Businessplan, wenn ihr Kapital für Euer Startup aufnehmen wollt, zumindest nicht in Form eines 20-40 Seiten Dokuments. Stattdessen erwarten Investoren eher ein Pitch Deck, welches ähnliche Informationen wie ein Businessplan enthält, jedoch in Form einer Präsentation aufbereitet wird statt in Fließtextform. Denn die meisten Investoren erhalten so viele Anfragen, dass sie gar nicht die Zeit hätten, sich so viele Businesspläne durchzulesen.

Eine Ausnahme bilden jedoch Banken. Die erwarten häufig noch einen schriftlichen Businessplan. Und auch die Arbeitsagentur erwartet einen, falls ihr Gründerzuschuss bzw. Einstiegsgeld haben möchtet.

Fazit

Wie du gesehen hast, brauchst du in den meisten Fällen keinen Businessplan, um dein Unternehmen erfolgreich zu gründen. Es ist besser, wenn du die Zeit lieber in den Build – Measure – Learn Zyklus analog der Lean Startup Denkweise steckst. So kannst du dir deiner Geschäftsannahmen bewusst werden und sie gleich am Markt testen. So erhältst du schnell wertvolles Feedback und kannst dein Produkt weiter verbessern oder im Zweifel auch mal komplett über den Haufen werfen. So machst du das beste aus deiner Zeit und verbrennst keine wertvollen Ressourcen.

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